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Weniger Vertrauen in Forscher

Einer Meinungsumfrage von Vetenskap & Allmänhet zufolge nimmt das Vertrauen der Schweden in die Wissenschaftler des Landes ab. Eine Auswahl an Ergebnissen:

  • 48 Prozent der 3000 Befragten haben “viel” oder “ziemlich großes” Vertrauen in Forscher.
  • Dieser Wert ist von fast 70 Prozent zu Anfang des Jahrzehnts gesunken.
  • Er korreliert stark mit dem Ausbildungsgrad der Befragten und Parlamentarier zeigen ein viel höheres Vertrauen in Forscher.
  • Medizin, Technik und Naturwissenschaften sind vertrauenswürdiger als Gesellschafts- und Humanwissenschaften.
  • Lehrer, Polizisten und das Personal im Gesundheitswesen genießen grösseres Vertrauen als Forscher. Die Graphen in der [PDF-Datei](http://www.v-a.se/dokument/allmanheten/vetenskapen_i_samhallet_resultat_fran_som_2006/download/) zur Studie zeigen noch eine Reihe weiterer interessanter Zusammenhänge und sollten auch ohne große Schwedischkenntnisse zusammenreimbar sein. Wenn man davon ausgeht, dass Astronomie unter “Weltraumforschung” eingeordnet wird, so halten nur 26 Prozent der Schweden mein Gebiet für wichtig, im Gegensatz zu beispielsweise Krebs- und Umweltforschung (über 90%). Das steht in gewissem Widerspruch zur eigenen Erfahrung, wie etwa populärwissenschaftliche Vorträge aufgenommen werden oder wie häufig Themen in den Medien auftauchen. Astronomie interessiert die Leute und ist ein viel dankbareres als andere Forschungsfelder, wenn es darum geht, die eigene Forschung “unters Volk” zu bringen. Letzteres ist übrigens ganz offiziell eine der drei grundlegenden Aufgaben eines Forschers in Schweden, neben dem Forschen selbst und dem Unterrichten.
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Fennoskandinavien

Ich hab’ grad wieder was gelernt: Wenn man zu Skandinavien, das ja geographisch eigentlich nur aus Norwegen und Schweden besteht, auch noch Finnland und eine Ecke Russland dazunimmt, dann nennt sich das Fennoskandinavien, auch Fennoskandien. -Meist meint man jedoch genau das, wenn man von “Skandinavien” spricht.-

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Blauerer Himmel

Ab und zu hört man den Satz: “In Schweden ist der Himmel einfach blauer.”

Man ist irgendwie geneigt, dem zuzustimmen, auch wenn man weiß, dass der subjektive Eindruck oft weit neben der Wahrheit liegt. Mir fallen zwei mögliche Erklärungen ein:

  • Im Mai, wenn in Deutschland das Thermometer an einem sonnigen Tag das erste Mal die 20 Grad überschreitet, ist der Himmel auch viel blauer als im Hochsommer. Höhere Temperaturen bringen Schwüle und Diesigkeit mit sich, weil mehr Wasser verdunstet. In Schweden wird es nur selten so heiß und drückend, so dass hier auch im Sommer trotz starkem Sonnenschein die Luft recht kühl und damit der Himmel blauer ist.

  • Dass die Tage im schwedischen Sommer viel länger sind, ändert nichts daran, dass die Sonne tiefer am Himmel steht (siehe auch hier). Wenn man sich jetzt noch in Erinnerung ruft, warum der Himmel überhaupt blau ist – blaues Licht wird in stärkerem Winkel von der Atmosphäre gestreut als rotes – dann merkt man, dass ein größerer Teil des Himmels, vor allem beim Blick senkrecht nach oben, einfach “weiter weg” von der Sonne ist und damit eben blauer.

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Topfpflanzen

Toll, dass sich Leute mit “Topfpflanzen als soziales Phänomen” beschäftigen:

“Die Menschen bilden ihr Leben in ihren Topfpflanzen ab und das Leben spiegelt sich in den Topfpflanzen wider.”

Mehr dazu (auf deutsch) bei Radio Schweden. Und während ihr das lest, geh’ ich mal unsere hundert Pflanzen wässern.

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Ehrendoktoren

Von Ehrendoktoren, also Doktortiteln, die man ohne eine entsprechende Arbeit verliehen bekommt, mag man halten, was man will. Die Liste mit Namen, die die Uni Uppsala ausgesucht hat, um ihnen anlässlich der Linnéfeierlichkeiten eben solche Titel zu verleihen, lässt sich jedoch sehen.

Die formelle Verleihung ist morgen, aber heute geben die Empfänger ihre Vorträge. Ich sitze gerade in der Universitätsaula und höre zu.

  • Der erste Redner war Michel Major von der Uni Genf, eine der herausragenden Figuren in der Suche nach Planeten um andere Sterne als die Sonne. Seine Gruppe hat etwa die Hälfte der bisher gut 200 gefundenen Planeten enteckt und zuletzt war er wieder in den Schlagzeilen mit einem Planeten, der nicht viel schwerer als die Erde ist und sich in einem Abstand zu seinem Stern befindet, der prinzipiell flüssiges Wasser erlaubt. Da ich ihm schon vorgestern bei anderer Gelegenheit zugehört hatte, habe ich seinen Vortrag heute ausgelassen.
  • James D. Watson ist als einer der Entdecker der Helix-Struktur der DNA ebenfalls kein Unbekannter und zusammen mit Crick und Wilkins hat er ja auch schon 1962 den Nobelpreis bekommen. Heute sprach er jedoch allgemeiner über Rules for Important Science. Ich kam etwas zu spät, habe aber noch mitbekommen, wie er für den Austausch auch unter konkurrierenden Wissenschaftlern argumentierte und dafür, einen Backup-Plan bereit zu haben, wenn man keinen Erfolg hat. Denn wenn man große Fragen angeht, sei scheitern wahrscheinlich, aber es sei viel besser an einer wichtigen Frage zu scheitern als an einer unwichtigen.
  • Danach sprach Robert A. Weinberg über Krebs und wie er entsteht. Das war ein sehr interessanter und gut gehaltener Vortrag. Ich traue mich kaum, ihn zusammenzufassen, aber glaube, jetzt ein wenig mehr über Krebs zu wissen.
  • Elinor Ostrom spricht gerade über Why Institutional Diversity Is Important but Often Mistaken for Chaos. Sie ist Politikwissenschaftlerin und bei dem Titel des Vortrags war ich doch überrascht, dass sie vor allem über Entwicklungshilfe und Konzepte zur Bewahrung von Naturreservaten in mehreren Teilen der Welt sprach. In ihrem Schlussplädoyer sprach sie sich gegen institutionelle Regulierung und für Eigenverantwortung aus und dafür, die Komplexität von Entscheidungsprozessen nicht als Feind zu sehen, sondern zu versuchen, sie zu verstehen.

  • Jane Goodall ist die weltbekannte Affenforscherin, deren Bücher sehr lesenswert sein sollen. Sie grüßte die Zuhörer mit einem “Hallo” auf Schimpansisch, das sie während ihrer Zeit mit Schimpansen benutzt hatte. Nachdem sie kurz erzählte, wie sie dazu kam, mit Menschenaffen zu arbeiten, und einige biologische Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede erwähnt hat, geht sie auf das Sozialsystem ein und erzählt Geschichten aus solchen Gemeinschaften. Starke lebenslange Familienbindungen, die Rangordnung und mit welchen Strategien, abseits von Aggression, ein sozialer Aufstieg angestrebt wird. Ihre Entdeckung, dass Schimpansen Werkzeuge herstellen und benutzen und dass diese Fähigkeiten von älteren in der Gemeinschaft erlernt werden, hat die “Grenze” zwischen Menschen und Affen weiter verwischt. Auch von den schockierenden Erlebnissen, wie dem Bezeugen eines “Krieges” gegen eine andere Gruppe, erzählt sie. Dass die Menschheit nicht so unterschiedlich vom Rest der Tierwelt ist, könne einerseits die Anfänge des Menschen verstehen lernen und bringe automatisch eine weitergehende Verantwortung gegenüber der Umwelt mit. Einige traurige Beispiele dafür werden genannt und sie schließt mit einem sehr emotionalen Plädoyer gegen die Unvernunft und fehlende Weisheit in heutigen Entscheidungsprozessen. Goodall hält den Druck des Geldes für den entscheidenden Faktor und hofft auf eine neue Generation von jungen Menschen, die andere Wege gehen.

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Lehrreiches Geld

Jeder, der schon einmal in Schweden war, weiß wie Carl von Linné aussah – vielleicht ohne zu wissen, dass er es weiß. Der gebräuchlichste schwedische Geldschein im Wert von 100 Kronen (z.Zt. knapp 11 Euro) ist nämlich dem Botaniker gewidmet und dort ist allerlei Interessantes zu sehen.

Vorderseite des
100-Kronen-Scheines

Auf der Vorderseite:
1. Abbildung eines Stichs des wohl bekanntesten Portraits von Linné. 1775 von Alexander Roslin gemalt und hier in Farbe zu besehen.
2. In sehr kleinen Buchstaben ist der Text “OMNIA MIRARI ETIAM TRITISSIMA” zu lesen, eines von Linnés Mottos. Zu Deutsch etwa: “Wundere dich über alles, auch das Alltäglichste”.
3. Eine Skizze des Linné-Gartens in Uppsala.
4. Abbildung von bestäubenden Pflanzen aus Linnés Frühwerk Præludia Sponsaliarum Plantarum von 1729.

Rückseite des
100-Kronen-Scheines

Auf der Rückseite:
7. Zeichnung einer Biene, die eine Blume bestäubt, nach einem Bild des bekannten (Wissenschafts-) Fotografen Lennart Nilsson. Da Linné die Rolle der Biene bei der Befruchtung nie erkannte, steht das Bild für die Weiterentwicklung seiner Arbeit. Der Hintergrund (8) zeigt stilisiert Pollen und Bestäubung. Rechts im Bild (9) sieht man eine Rekonstruktion, wie eine Biene die Blume durch ihre Facettenaugen sieht.

(Quelle für Bild und Information: Sveriges Riksbank. Tack för tillstånd att återpublicera bilderna.)

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Moosglöckchen

Das Moosglöckchen war Carl von Linnés Lieblingsblume und deswegen trägt sie auch dessen Namen: Linnaea borealis L.. Der dritte Teil der wissenschaftlichen Bezeichnung ist immer der Name des Botanikers, der ihn vergeben hat. Linné ist der einzige solche, der mit nur einem Buchstaben abgekürzt wird.

Der standardsprachliche schwedische Name der Blume ist Linnéa und gleichzeitig ein beliebter weiblicher Vorname.

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Celsius, Linné und die Temperaturskala

Neben Carl von Linné, der gerade groß gefeiert wird, ist Anders Celsius der andere bekannte Wissenschaftler des 18. Jahrhunderts aus Uppsala. Die beiden waren Zeitgenossen. Celsius war Astronom und baute das erste schwedische Observatorium, das heute schräg in die Einkaufsstraße von Uppsala ragt.

Man kennt ihn natürlich am ehesten wegen der allgegenwärtigen Temperaturskala, die er einführte. Etwas weniger bekannt ist, dass Celsius den Gefrierpunkt von Wasser auf 100 Grad setzte und den Siedepunkt auf Null. Erst nach dessen Tod wurde die Skala umgedreht – von Linné.

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Die Linné-Woche

Heute vor 300 Jahren wurde Carl Nilsson Linnaeus alias Carl von Linné in Småland geboren und hier in Uppsala, wo der Botaniker hauptsächlich tätig war, wird das diese Woche mit unzähligen Veranstaltungen gefeiert.

Ein Auszug, aus dem Programm (S, E):

  • Der formelle Teil heute besteht aus einer Kranzniederlegung mit Konzert am Grab von Linné im Dom und anschließender Feier mit Reden und mehr Musik in der imposanten Universitätsaula. Abends dann ein Festessen für geladene Gäste im Schloss.
  • Der Rektor der Uni Uppsala vergibt fleißig Orden und Ehrendoktoren zu Linnés Ehren. Letztere werden zusammen mit der üblichen Frühlingspromotion am Samstag an bekannte internationale Forscher verliehen. Dazu später mehr.
  • In der Unibibliothek Carolina Rediviva hat gestern eine Ausstellung eröffnet, die Originalmanuskripte und Erstauflagen der Werke Linnés zeigt. Eine gute Gelegenheit, nach fünf Jahren in Uppsala endlich einmal einen Blick in das Gebäude zu werfen.
  • Während der ganzen Woche findet ein Festival für Jugendliche in der trädgårdsgatan statt, unter dem Motto “Love is in the air”.
  • Es werden zahlreiche geführte Wanderungen in und um Uppsala angeboten, jeweils mit Botanik als Thema und Linné im Hintergrund.
  • Das Museum Gustavianum hat sein Stockwerk für wechselnde Ausstellungen ebenfalls dem Carl gewidmet und es gibt täglich Führungen auf Schwedisch und Englisch. Morgen um halb zwei wird dort Musik aus dem 18. Jahrhundert gespielt.
  • Auch das Evolutionsmuseum beim botanischen Garten hat eine Ausstellung, ebenso das Upplandsmuseet, das mit Kaos von Linné die Rolle der Ordnung in der heutigen Gesellschaft beleuchtet. Im botanischen Garten selbst gibt es mehrere Ausstellungen und der Linné-Garten hat sich herausgeputzt.
  • Das angrenzende Wohnhaus von Linné und Linnés Hammarby außerhalb der Stadt laden natürlich ebenso auf einen Besuch ein.
  • Auf verschiedenen Marktplätzen in der Stadt finden Theateraufführungen und ein Markt zum 18. Jahrhundert statt. Viele Plätze und Straßen sind mit Blumen geschmückt.
  • Es wurde sogar ein Film gedreht. Der bekannte schwedische Naturfotograf Mattias Klum hat zusammen mit Folke Rydén “*Expedition Linné*” gedreht, einen Dokumentarfilm über die Lust, die Natur zu erforschen. Auf der [Filmhomepage](http://www.expeditionlinne.se/) gibt es einen Trailer zu sehen. Alles in allem also sehr viel zu sehen diese Woche in Uppsala – und ich habe weder Zeit noch Kamera. :( Gut 26 Millionen Kronen sind Uppsala die Feierlichkeiten [wert](http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1377410), etwas mehr als die Hälfte davon bezahlt die Universität. Vom Auffrischen der Erinnerung an Linné erhofft man sich sowohl Werbeeffekte als auch ein gesteigertes Interesse für Naturwissenschaften, nicht zuletzt bei Jugendlichen. [Spiegel Online berichtet](http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,484171,00.html) auch und erwähnt einige der Veranstaltungen, die in Deutschland zum Linné-Jubiläum stattfinden. Wofür Linné eigentlich bekannt ist, liest man am besten [in der Wikipedia nach](http://de.wikipedia.org/wiki/Linn%C3%A9#Linn.C3.A9s_Taxonomie).
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Galaxienplausch

refraktor

Gestern Abend habe ich einen kleinen Vortrag über Galaxies gegeben. Zuhörer waren Leute vom Verein Humanisterna, bei dem ich auch Mitglied bin. Es ist immer wieder schwierig, das richtige Niveau für so etwas zu finden, aber ich glaube es ist mir gelungen. Dass viele Fragen gestellt werden ist immer gut, dann kann man das was man sagt noch während des Vortrags anpassen.

An drei oder vier Stellen fehlten mir die adäquaten schwedischen Worte für astronomische Dinge. Denn auch wenn wir hier am Institut meist Schwedisch reden, werden doch viele Fachausdrücke einfach aus dem Englischen übernommen, ohne sich über die vielleicht existierenden schwedischen Wörter Gedanken zu machen. Zwei Beispiele:

  • spiral galaxy – skivgalax (wörtlich: Scheibengalaxie)
  • big bang – stora smällen (aber “big bang” ist auch nicht ungewöhnlich)

    Nach dem Vortrag hatte ich eigentlich vor, den Leuten Venus, Saturn und den Mond in unserem alten Linsenteleskop (siehe Bild) zu zeigen, aber leider wurde gestern Nachmittag – nach mehreren klaren Sonnentagen – das Wetter wieder schlecht. Einen Blick aufs Teleskop werfen und Historie schnuppern durften sie trotzdem.
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